Vestischer Appell: Lieber Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren

Viele Akteur*innen – ein Ziel: den Sozialen Arbeitsmarkt zu erhalten. Die von der Bundesregierung geplanten Kürzungen bedeuten für viele Langzeitarbeitslose das Ende der geförderten Beschäftigung. Dagegen haben sich die Stadt Recklinghausen als Träger des Jobcenters, der Gewerkschaftsbund sowie die evangelische und katholische Kirche im sogenannten „zweiten Vestischen Appell“ gewandt. Die Arbeitsgemeinschaft (AG) Wohlfahrt hat sich dem Aufruf angeschlossen. Um deutlich zu machen, was verloren geht, wenn die Kürzungen im geplanten Umfang vollzogen werden, haben zwei Teilnehm*innen bisheriger Programme in einem Pressegespräch von ihrem Werdegang berichtet.

Oliver Vier arbeitete u.a. im Tagesaufenthalt für Wohnungslose der Diakonie in Herten. Dort machte er Frühstück und kochte das Mittagessen. Er ist froh, nicht mehr arbeitslos zu sein. „Hartz IV bedeutet Entmündigung. Das, was man mal gelernt hat, zählte nicht. Das hat mir meine Fallmanagerin auch so gesagt.“ Inzwischen kann der 53jährige auch das ursprünglich Gelernte wieder anwenden: Bei den Diakonischen Beratungsdiensten in Datteln hat er eine Festanstellung als Verwaltungsfachkraft gefunden. Er ist gelernter Außen- und Einzelhandelskaufmann.

Jennifer Lennemann hofft noch auf einen unbefristeten Job. Aber sie ist schon froh, dass sie nach vielen Jahren Arbeitslosigkeit jetzt als Haushaltskraft in der Kita Scherleburg der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Herten arbeiten kann – die Maßnahme geht bis Ende 2023. „Es ist ein Unterschied, ob am Ende des Monats Hartz IV auf‘s Konto kommt oder ein Gehalt, für das ich gearbeitet habe. Ich möchte ein Vorbild sein für meine Kinder.“  Und am liebsten auch wieder in ihrem erlernten Beruf als Kinderpflegerin arbeiten.

Lennemann und Vier befürchten, dass viele Menschen in Hartz IV  - demnächst Bürgergeld - abstürzen und nicht zurück in den Arbeitsmarkt finden, wenn sie ihre staatlich geförderte Beschäftigung verlieren. Und damit die soziale Teilhabe an der Gesellschaft. „Es hat auch mit der Würde des Menschen zu tun, wenn wir Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit finanzieren“ fügt Diakonie-Geschäftsführer Dr. Dietmar Kehlbreier hinzu.

Foto (v.l.n.r. Stefanie Haßel (AWO/rebeq), Oliver Vier (Diakonie), Klaus Uhländer (AWO/rebeq), Jennifer Lennemann (AWO), Dr. Dietmar Kehlbreier (Diakonie)

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