Keine Aufregung in Dorsten – Talkrunde aus der Gnadenkirche

„Die aufgeregte Gesellschaft“  - so der Titel des Abends in der Talkreihe des Magazins VEST ERLEBEN – bekommen die meisten von uns zu spüren. Nicht nur in der Weltpolitik scheinen die Menschen Amok zu laufen, auch im Alltag ist der Ton rauher geworden. Das erleben Ronja Pischny, Service-Mitarbeiterin und Christiane Timmer, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Vest Recklinghausen sowie Nina Laubenthal, erste Beigeordnete der Stadt Dorsten immer wieder. Bürgermeister Tobias Stockhoff berichtete von Anzeigen gegen Bürger, die Rettungskräfte behindern und sogar angreifen.

Und trotzdem war der von Susanna Schönrock-Klenner moderierte Talkabend in der Wulfener Gnadenkirche angenehm unaufgeregt. Die Talkgäste – unter Ihnen Dr. Dietmar Kehlbreier, Geschäftsführer der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen, Polizeioberrat Daniel Süling, Helmut Haarmann Ortsverbandsleiter beim THW und Deeskalationstrainerin Kathrin Boldrew – beschrieben die Situation als ernst, aber nicht dramatisch. Haarmann hob den guten Zusammenhalt der „THW-Familie“ hervor und ergänzte, dass die oft mehrwöchigen Einsätze („Alles unter acht Stunden ist kein Einsatz“), es den Kräften leichter machten, mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen und ihr Vorgehen zu erläutern. Süling gab zu Bedenken, dass vor allem Geflüchtete in ihrer Heimat mit Uniformierten sehr schlechte Erfahrungen gemacht haben und ein besseres Kennenlernen Aggressionen abbauen helfe.

Dr. Dietmar Kehlbreier verwies auf die Möglichkeiten, Auseinandersetzungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Er stellte das diakonie-eigene Programm BEO (Beobachten-Einordnen-Orientieren) vor, das sich bewusst nicht als Deeskalationstraining („Das hieße ja, dass die Lage schon eskaliert ist“), sondern als Prävention verstehe. Alle Mitarbeitenden der Diakonie würden geschult, um Gewalt, vor allem unter Bewohner*innen, gar nicht erst entstehen zu lassen. Die gebürtige Ukrainerin Kathrin Boldrew steuerte ein interkulturelles Programm bei, das sie zusammen mit anderen Zuwander*innen entwickelt hat, um Konflikte vielsprachig zu entschärfen.

Aber auch die Wohnzimmer- Atmosphäre in dem endwidmeten, stimmungsvoll beleuchteten Gotteshaus, die gastronomische Umsorgung der Gäste durch den Förderverein und die Gesangseinlagen von Gap – diesmal ohne Paco –  trugen zu dem entspannten Gespräch über die aufgeregte Gesellschaft bei.

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